Mit Träumen, Neugier und Zukunfts-Skills zum Traumjob

Christina Wunder hat in ihren jungen Jahren schon einiges erreicht. 1989 wurde sie als Russlanddeutsche im heutigen Kasachstan geboren und ist mit ihren Eltern nach Andernach in Rheinland-Pfalz ausgewandert ist. 30 Jahre später ist die studierte Politikwissenschaftlerin Corporate Communications Managerin bei Google. Davor war Christina vier Jahre lang Pressereferentin bei der EU-Kommission und dort für internationale Kooperationen und Entwicklungszusammenarbeit zuständig. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, welche Skills in Zukunft wichtig sind und wie Träumen unseren Mentees beim Berufsstart helfen kann.

 

Zukunftsfähige Skills – alles technisch?

 

Christina, du bist Corporate Communications Managerin bei Google. (D)Ein Traumjob?
Ja. Mein Steckenpferd ist die Kommunikation. In Googles Pressestelle beschäftige ich mich mit Künstlicher Intelligenz, Nachhaltigkeit und Philanthropie – und helfe Expert:innen, der Welt ihre Arbeit zu erklären. Schon immer faszinieren mich Geschichten, die spannend und gleichzeitig kompliziert sind.  Ich habe viele Jahren in der politischen Kommunikation verbracht, und dort habe ich mehr und mehr gemerkt, dass mein Arbeitsfeld – wie viele andere auch – stark vom technologischen Wandel geprägt ist. Ich wollte „mittendrin, statt nur dabei“ sein. Also fing ich an, über die Tech-Welt zu lesen, an Online-Kursen teilzunehmen und mich an Forscher:innen und Entwickler:innen zu wenden, um Fragen zu stellen und von ihnen zu lernen. Je mehr ich über die Tech-Welt erfuhr, desto mehr wuchs meine Neugier. Schließlich entschied ich mich, ein Sabbatical von meinem Job bei der EU zu nehmen und programmieren zu lernen. Ich wollte Algorithmen besser verstehen – wie man sie baut, trainiert und anwendet. Danach habe ich den Wechsel in die Techbranche gemacht und bin sehr glücklich damit.

 

Für unsere Mentees berichtest du über die (beruflichen) Skills der Zukunft. Wie sieht deine persönliche Top 3 aus?
Zuhören. Sich in das Gegenüber hineinversetzen. Gewaltfreie Kommunikation: Also die berühmt-berüchtigten Soft Skills. Ich bin überzeugt, dass „harte“ Skills wie zum Beispiel Programmieren, Schreiben oder Organisieren wichtig sind, aber vieles steht und fällt damit, ob ich meinen Gegenübern (egal ob Auftraggeber:innen, Chef:innen oder Kund:innen) richtig zuhöre, wenn sie die Herausforderungen schildern, die ich für sie lösen soll. Mein Erfolg hängt davon ab, ob ich es schaffe, mich in ihre Lage zu versetzen und mir ihre Situation vorzustellen. Deshalb sind übrigens diverse und bunte Teams extrem wichtig – nicht nur bezogen auf Geschlechter, sondern auch die kulturellen, ethnischen, sozioökonomischen Hintergründe der einzelnen Personen. Nur wenn ein Team möglich viele Lebenserfahrungen abbildet, kann es der realen Welt da draußen gerecht werden. Und letztlich ist es natürlich wichtig, auf respektvolle und achtsame Weise zu kommunizieren was machbar und realistisch ist und was nicht, wo Grenzen gezogen werden oder Erwartungen angepasst werden müssen.

 

Lernen und Verändern

 

Für deinen neuen Podcast „Christina Wundert sich“ hast du fünf junge Menschen gefragt: Was bewegt euch, was möchtet ihr verändern und wie kommt ihr von der Idee ins Handeln? Was ist deine Erkenntnis aus den Gesprächen?
In den Gesprächen für meinen Podcast habe ich gelernt dass jegliche Veränderung – vor allem auf politischer und gesellschaftlicher Ebene – mit Wut oder Frust beginnt. Man ist mit etwas so unzufrieden und hat so die Nase voll, dass man am liebsten Berge bewegen möchte. Diese Wut gilt es zu kanalisieren und in Aktion umzusetzen, denn Wut alleine ist noch snip wunderkeine Handlung. Sie ist ein Katalysator und Richtungsweiser: dieses wollen wir nicht, jenes streben wir an. Als nächstes sollte man sich eine Gruppe gleichgesinnter Menschen suchen. Denn alleine ist es schwierig, etwas zu bewegen oder den langen Atem aufzubringen, den es für Veränderung braucht. Und letztlich braucht es Geduld und Nachsicht mit sich selbst. Es braucht Zeit, um zu lernen, wie die Dinge zusammenhängen. Es braucht verschiedene Anläufe, um etwas richtig hinzubekommen. Deshalb ist es auch so wichtig, nette Menschen um sich herum haben, mit denen diese Arbeit Spaß macht.

Und die wohl wichtigste Erkenntnis von allen: nur wenn einem selbst gut geht, kann man für andere da sein.

Wo hast du mehr gelernt: In fünf Jahren an der Uni oder in den ersten Jahren im Beruf?
In beidem – aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich wohl sagen im Beruf. Die wichtigste Transferleistung die ich aus meinen Studiengängen Dolmetschen und Europapolitik anwenden konnte, war das Übersetzen von „kompliziert“ in „einfach“. Ich habe einige Zeit im UN-Büro in Bonn verbracht und mich mit dem Weltraum befasst – oder besser gesagt damit, wie Satellitenbilder bei Naturkatastrophen helfen können. Später habe ich mit Wissenschaftler:innen zusammengearbeitet und ihnen geholfen, ihre Nachhaltigkeitsforschung zu erklären und zu zeigen, warum sie wichtig ist. Und ich habe fünf Jahre damit verbracht, die Europäische Kommission in ihrer Pressestelle zu vertreten. Die Skills aus dem Dolmetscherstudium habe ich überall anwenden und vertiefen können.

 

Appell an die junge Generation: Lasst euch nicht ausbeuten

 

Viele unserer Mentees stehen gerade vor der Frage, wie es nach dem Studium weitergeht. Was hilft deiner Meinung nach vor allem, um den passenden Beruf für sich zu finden?
Mein allererster Tipp ist: Erst mal ein bisschen träumen. Wenn alles genau so liefe wie ich es mir erträume, wo und in welcher Branche wäre ich dann? Was würde ich machen? Mit wem würde ich zusammenarbeiten? Und dann mit offenen Augen und Ohren durch die Stellenmärkte streifen. Auch Karriere-Netzwerke wir LinkedIn oder Xing eignen sich gut, um mal zu stöbern: Was machen eigentlich Menschen mit Studium XY? Oder was haben die verschiedenen Menschen mit Job YZ eigentlich für eine Ausbildungen? Gibt es Quereinsteiger? Welches sind die Transferskills die wichtig erscheinen? Es lohnt sich auch durchaus, Menschen einfach mal anzuschreiben und um Rat zu fragen. Selbst wenn nur eine von fünf Personen antwortet, ist das doch bereits ein Erfolg.

Der Generation Praktikum, zu der ich wohl auch gehöre, möchte ich sagen: Lasst euch nicht ausbeuten. Nehmt ein Praktikum nur an, wenn ihr nicht schon drei auf dem Lebenslauf habt, und wenn die Faktoren angemessene Vergütung, Lerneffekt, Perspektiven und relevante Branchenerfahrung gegeben sind.

Und zu guter Letzt: Wenn es mit dem ersten Job dann endlich klappt, ist es oft nicht das, was man sich erträumt hat. Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Denn man weiß ja noch nicht, was sich daraus noch entwickeln kann, welche Skills und Erfahrungen man daraus mitnehmen wird. Der erste Job ist ein guter Weg, erstmal im Berufsleben Fuß zu fassen. Dabei aber die Träume bitte nicht vergessen! Bewegt sich alles in die richtige Richtung? Wo wäre ich gerne in 10, 20 oder 30 Jahren? In welche kleinen Schritte lässt sich dieses große Ziel unterteilen? Kann ich einen klitzekleinen davon vielleicht schon heute gehen?

 

Am Sonntag wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Warum sollten vor allem junge Menschen ihre Stimme abgeben?
Weil wir jungen Menschen in der Unterzahl sind und nichts zu verschenken haben.

 

Die Zukunft des Planeten steht auf dem Spiel und jede Stimme zählt – auch die unserer Omas, Onkels und Großtanten.

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